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Virtueller Blick in das Museum: Gemälde "Hof von Schloss Hartenfels"

"Hof von Schloss Hartenfels", Foto: Wolfgang Sens

Wehende Vorhänge am Hausmannsturm und eine Kutsche, umringt von prächtig gekleideten Menschen in der Tracht des 17. Jh. – das Gemälde „Schlosshof von Schloss Hartenfels“ lädt den Betrachter zu einer kleinen Zeitreise in die Vergangenheit ein.

Schöpfer des 1876 entstandenen Kunstwerkes ist der Torgauer Maler Albert Conrad, geboren 1837. Er begann zunächst eine Lehre als Bildhauer in der Werkstatt seines Vaters. 1856 zog Conrad nach Berlin, wo er kurz als Bildhauer arbeitete, sich jedoch schnell seiner eigentlichen Liebe, der Malerei, zuwand und ab 1857 an der Berliner Akademie der Künste studierte. Wie es damals üblich war, erhielt Conrad eine umfassende Ausbildung mit Natur- und Aktstudium, dem Zeichner antiker Statuen usw.

Nach Ende seiner Studienzeit richtete sich Albert Conrad ein eigenes Atelier in Berlin ein, belegte aber auch weiterhin Meisterkurse an der Akademie. Studienreisen führten ihn in das Rheinland, nach Westfalen und Tirol. Conrad war Mitglied im Verein Berliner Künstler und regelmäßig an Ausstellungen der Kunstakademie beteiligt. Seine Werke wurden zudem auch überregional, z. B. in Dresden oder Wien, präsentiert. Dem Zeit- und Publikumsgeschmack entsprechend spezialisierte er sich v. a. auf humoristische Genredarstellungen und Architekturmalerei. Es existiert zwar keine Übersicht seiner Werke, jedoch sollen drei Gemälde nach New York verkauft worden sein und auch der damalige deutsche Kaiser Wilhelm I. soll ein Gemälde von Albert Conrad erworben haben.

Albert Conrad erkrankte im Alter von nur 50 Jahren an einer Lungenentzündung und verstarb am 5. Juni 1887 in Berlin.

Posthum fand ihm zu Ehren 1888 in seiner Heimatstadt Torgau eine Gedenkausstellung im Rathaus statt. Gezeigt wurden größtenteils Aquarelle und Farbstudien, aber auch einige Gemälde. Im Mittelpunkt stand zweifelsohne das hier vorgestellte Bild, entstanden 1876. Begeistert heißt es im Torgauer Kreisblatt: „Unter den ausgeführten Ölbildern nimmt der Hof des Schlosses Hartenfels die erste Stelle ein. Es ist dies vielleicht überhaupt sein bestes, jedenfalls aber ein vorzügliches Bild. Der stattliche Schloßhof zeigt sich hier in dem Glanze des Fürstensitzes belebt, von den zu einem fürstlichen Reisewagen gehörenden Personen. Vom schlanken Thurme wehen die Fahnen, ein duftiger blauer, von zarten weißen Wölkchen durchzogener Himmel wölbt sich über dem Bilde, auf welches eine frohe Stimmung ausgegossen ist. Der stolze Mittelbau, welcher die Schneckentreppe birgt, hebt sich durch die energische Schattenwirkung plastisch aus dem Bilde heraus. Alles in Allem: ein ausgezeichnetes Bild, sowohl in Bezug auf die genaue Zeichnung, als auch in Bezug auf die farbensatte Colorit, würdig des Gegenstandes, den es darstellt, und dessentwillen es uns Torgauern auch besonders begehrenswerth erscheint.“

Dargestellt ist eine historisierende Szenerie vor dem Hintergrund des Wendelsteines, man sieht eine festlich gekleidete Gruppe von Menschen, eine junge Dame steigt aus einer prächtigen Kutsche – höchstwahrscheinlich nimmt Conrad hier auf eine der zahlreichen im Torgauer Schloss gefeierten fürstlichen Hochzeiten Bezug. In Frage kommt die Heirat von Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt mit Sophie Eleonore von Sachsen (Tochter von Kfst. Johann Georg I.) 1627, anlässlich derer die erste deutschsprachige Oper „Daphne“ von Heinrich Schütz im Schloss uraufgeführt wurde. Möglicherweise entstand die Idee zu diesem Bildthema in Zusammenarbeit mit Alberts Bruder Friedrich, der zu dieser Zeit als Bildhauer und Steinmetz an den Sandsteinarbeiten von Schloss Hartenfels arbeitete und sich um eine stärkere Würdigung des ehemals so prächtigen Schlosses bemühte, dass damals als Kaserne genutzt wurde.

In den folgenden Jahren präsentierte der Torgauer Altertumsverein das Gemälde in seiner Ausstellung. 1888 kaufte es der Stadtrat für 2000 Mark an. Das Motiv entwickelte sich zu einem beliebten Motiv für Postkarten. Bedauerlicherweise wurde das Gemälde in den 1970er Jahren bei Baumaßnahmen im Rathaus stark beschädigt, u. a. durch einen großen Riss längs durch die Figurengruppe im Mittelpunkt. 2013/14 gelang dank finanzieller Unterstützung des Landkreises Nordsachsen, der Sparkassenstiftung für die Region Torgau-Oschatz und der Sparkasse Leipzig die umfassende und fachgerechte Restaurierung durch Jörg Kestel. Seitdem bereichert es die Dauerausstellung des Stadt- und Kulturgeschichtlichen Museums Torgau. Werfen Sie doch einen Blick auf das imposante Kunstwerk, wenn das Museum wieder geöffnet werden darf!

Kathrin Niese-Donix, Museologin

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